Stahlarten - Ein Überblick

Das Thema Stahl ist komplex und es bestehen unterschiedlichste Differenzierungen der Bezeichnungen, Einteilungen und Normierungen der Stähle, die verschiedensten Legierungselemente ermöglichen unzählige Stahlvariationen, die alle je nach ihrem gedachten Einsatzzweck gewisse Vor- und Nachteile aufweisen. Die Wärmebehandlung bietet weitere vielfältige Möglichkeiten, Abhandlungen über Stahl füllen ganze Bibliotheken. Im Folgenden deshalb ein vereinfacht gehaltener, grundsätzlicher Überblick der Stahlarten, die für Messer Verwendung finden.

Kohlenstoffstähle/Carbonstähle

Der Einfachheit wegen fasse ich hier alle Stahlarten, die nicht unter die Rubrik “Rostfrei” fallen unter dem Begriff Kohlenstoffstahl zusammen. Unterscheiden können wir hier zwischen den unlegierten Stählen (Federstähle) und den legierten Stählen (Werkzeugstähle, Kugellagerstähle etc.). Im allgemeinen Sprachgebrauch werden meist unlegierte Stähle als Kohlenstoffstahl oder Carbonstahl bezeichnet. Die unlegierten Kohlenstoffstähle kommen wohl von allen heutigen Standartstählen, dem ursprünglichen Messerstahl, der in vorindustriellen Zeiten über Jahrtausende Verwendung fand am nächsten. Sie erreichen eine sehr gute Schärfe und sind leicht nachzuschärfen. Die legierten Stähle haben bei sonst ähnlichen Eigenschaften tendenziell eine etwas bessere Schnitthaltigkeit. Alle diese Stähle lassen sich höher Härten und feiner ausschleifen als Chromstähle, sie ergeben sehr gute Klingen mit unschlagbarem Preis-Leistungs-Verhältnis. Sie sind alle nicht rostträge (rostfrei). Bei Gebrauch, vor allem bei Kontakt mit säurehaltigen Lebensmitteln bekommen die Klingen eine Patina in Form einer dunklen Verfärbung, dies stellt aber kein Problem dar und verleiht dem Messer eine Art “Lebendigkeit”. Der einzige Nachteil ist meines Erachtens, dass mit diesen Klingen bei der Verarbeitung mancher Lebensmittel ein metallischer Geschmack entstehen kann.

Raffinierstähle

Raffinierstähle sind das Original unter den Messerstählen. Bis in die Neuzeit wurde Stahl ausschließlich in sogenannten Rennöfen gewonnen, im Ofen entstand ein Gemisch aus Schlacke und Stahl. Diese Klumpen, Luppe genannt, mussten nun durch mehrmaliges ausschmieden und falten gereinigt werden, um schließlich einen brauchbaren Stahl zu bekommen. Ein sehr aufwendiges und langwieriges und somit auch teures Verfahren. Eine Luppe ist nicht homogen und auch die Zusammensetzung des fertigen Stahls unterliegt enormen Schwankungen. Häufig wurden unterschiedliche “Luppen” feuerverschweißt usw., es gab unzählige Möglichkeiten von Zusammenstellungen, Zufallsprodukten oder auch bewusst eingesetzte Qualitäten, kein Stahl glich dem anderen. Eine Art nachgebildeter “Raffinierstahl” kann heute auch aus unlegiertem Kohlenstoffstahl hergestellt werden, was eine ähnliche Optik ermöglicht. Da das Ganze mit wesentlich weniger Aufwand verbunden ist als tatsächlich einen Rennofen zu betreiben, macht es die Sache natürlich günstiger.

Damast

Damast ist ein Schweißverbundstahl, mehrere Lagen unterschiedlicher Stähle werden feuerverschweißt und mehrfach gefaltet, Ziel ist es, ein Muster in unterschiedlichen hell/dunkel Farbtönen zu erreichen. Möglich sind durch verschiedenste Anordnungen der Stähle eine Vielzahl von erzeugbaren Mustern. Die Herstellung in Handarbeit ist aufwendige Schmiedekunst, Klingen aus diesem Material haben eine wunderschöne Optik, übertreffen aber in ihren Eigenschaften kaum ihr Ausgangsmaterial, so ist die Verwendung dieses teuren, da aufwendigen Materials hauptsächlich eine Frage der Optik. Doch auch sein künstlerischer Wert sowie die aufwendige Schmiedetechnik an sich und nicht zuletzt die Mythen, welche diesen Werkstoff umgeben, sprechen für dieses Material. Historisch wurde es selten als Klingenmaterial eingesetzt und weder der Eisenwerkstoff an sich, die Hintergründe, der Herstellungsablauf, die Eigenschaften noch das Aussehen haben im historischen Kontext mit dem heute als Damaststahl bekannten Material viel Übereinstimmung.

Mehrlagenstahl

Der Begriff Mehrlagenstahl bezeichnet Klingen, die aus verschiedenen Lagen unterschiedlichen Stahls bestehen, Drei-Lagen-Stahl, Fünf-Lagen-Stahl usw., auch Damaststahl ist ein “Mehrlagenstahl” und die Begriffe und Definitionen verschwimmen und sind nicht immer eindeutig voneinander zu trennen. Eine denkbare Anwendung besteht darin, sich ergänzende Materialpaarungen einzusetzen, beispielsweise einen harten Stahl als Mittellage und einen zähen Stahl als Außenlagen. Im historischen Kontext ergab das Ausschmieden des Raffinierstahls oft recht unterschiedliche Stahlqualitäten, welche dann bei der Klingenherstellung berücksichtigt wurden und mehrere Lagen unterschiedlichen Stahls zu einer Klinge mit möglichst guten Eigenschaften verbunden wurden.

Rostbeständige Stähle/Rostfreie Stähle/Chromstähle

Rostbeständige Stähle, auch rostfreie Stähle oder Chromstähle genannt, sind Legierungen aus Stahl und mindestens 10,5% Chrom (meist über 14%). Durch das Hinzufügen von Chromanteilen wird der Stahl gegen Korrosion beständig, er kann somit Einwirkungen, die üblicherweise den Korrosionsprozess von Stählen beschleunigen, also etwa Säuren, Laugen und Salzlösungen ausgesetzt werden, ohne anzulaufen etc.. Dies ist beispielsweise ein nicht unerheblicher Vorteil bei der Zubereitung von Speisen. Diese Stähle wurden Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt, es dauerte danach aber noch bis nach dem zweiten Weltkrieg, bis sie sich aufgrund ihrer unkomplizierten Pflege und völliger Geschmacksneutralität als Standartstahl für Messer durchgesetzt und die ursprünglichen Kohlenstoffstähle zurückgedrängt hatten. Chromstähle lassen sich nicht so hoch härten, weniger fein ausschleifen und schwieriger nachschärfen als Kohlenstoffstähle, verfügen aber im Allgemeinen über eine bessere Schnitthaltigkeit.

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